Rathausturm und ehemaliges Rathaus der Neustadt

Rathausturm
Rathausturm, Foto: Johann-Friedrich-Danneil-Museum

In Salzwedel ist der begehbare Rathausturm neben dem Marienkirchturm das wohl bekannteste Wahrzeichen der Stadt und bietet eine beeindruckende Aussicht. Er wurde 1585 im Renaissancestil erbaut und besitzt einen älteren Kern, der aus dem 13. Jahrhundert stammt. Charakteristisch ist sein achteckiger Aufbau mit einer kupfernen Renaissancehaube und Wasserspeiern in Form von Drachenköpfen. Unter der Haube hing damals die Sturmglocke.

Am Turm direkt stand ein dreigeschossiges Gebäude, das damalige Rathaus der Neustadt. Es war wahrscheinlich ein Backsteinbau, das bis zur Turmbalustrade reichte und vermutlich während des Dreißigjährigen Krieges baufällig wurde. Die Situation verschlimmerte sich weiter, als im Winter 1703 ein heftiger Sturm großen Schaden anrichtete und die oberen Stockwerke des Hauses einstürzten. Der Magistrat entschied daraufhin seinen Sitz in das Gewandschneidergildehaus zu verlegen. Das beeindruckende, dreistöckige Kaufhaus wurde 1619 fertiggestellt und befand sich gegenüber dem alten Rathaus. Nach der Vereinigung der Städte im Jahr 1713 diente das Gebäude als gemeinsames Rathaus. Ein großer Brand zerstörte es jedoch samt vieler wichtiger Dokumente im Jahr 1895. Heute befindet sich an dessen Stelle der Rathausturmplatz. Das Rathaus zog danach in das ehemalige Klostergebäude um und hat dort bis heute seinen Sitz.

Der Nachfolgebau am Rathausturm diente als Wollager und Ratskeller. Ab dem 19. Jahrhundert hatte hier das Hotel Schwarzer Adler seinen Sitz, in dem um etwa 1820 der erste Salzwedeler Baumkuchen durch Luise Lenz gebacken wurde. Es gilt daher als die Geburtsstätte des Salzwedeler Baumkuchens.

Neuperver Straße 29, Rathaus, Neustädter Rathaus, Baudenkmal, geschichtlich, kulturell-künstlerisch, städtebaulich, 1584

TURM des ehemaligen Rathauses der Neustadt, erbaut 1585 unter Einbeziehung von Bausubstanz des 13. Jahrhunderts, 1895 durch Brand zerstört; der Turm in das 1608-19 erbaute und bis 1713 in Nutzung befindliche Rathaus einbezogen; der Turm im unteren quadratischen Teil wohl mittelalterlich, rundbogiges Renaissance-Sitznischenportal aus Sandstein erhalten, zudem eine Sandsteininschriftplatte mit reichem Rollwerkrahmen und Engelsköpfen sowie lateinischem Distichon mit Bauinschrift und verschlüsselter Datierung: „DISTICHON ETODEIKTIKON TVRRIS EXSTRVCTAE . HANC TV CONSERVES VRBEM BONE . CHRISTE SVPERNO . SIT CVRAE SOLI CVRIA NOSTRA PATRI“ ( = Distichon, das Jahr der Erbauung des Turmes anzuzeigen. Du mögest diese Stadt bewahren guter Christus. Dem göttlichen Vater möge unser Rathaus sehr am Herzen liegen.), durch Größersetzung im Distichon: CVCVVMCIVCVLICVII = 1584!; der Turm gehört zu den stadtbildprägenden Höhendominanten der Neustadt, am Übergang vom quadratischen zum oktogonalen Teil Sandsteinfiguren zweier geharnischter Männer mit kurbrandenburgischem und städtischem Wappen; oberer Abschluss durch vorkragenden, galerieartigen Umgang – dieser 1960(i) restauriert – und Laterne gebildet; Uhrschlagglocke von 1445; die klassizistische Umbauung am Fuß des Turms („Hotel Schwarzer Adler“,dat.: 1820, s.a. histor. Abbildungen) 1998/1999 weitgehend mit Ausnahme der Fassadenwände durch einen Neubau ersetzt

  • Josef Beranek, Salzwedel – Ein Wegweiser durch die 750 jährige Stadt (1966)
  • Arno Sommerfeld, Hansestadt Salzwedel – Ein Rundgang durch die Geschichte der Stadt (2000)
  • Landesamt für Denkmalpflege Sachsen-Anhalt, 20.12.2007